Was soll am November gut sein?
„In der Stille kann ich den Klang meines Herzens hören.“ Regina
Ein Gastartikel von Regina Aruna Kienetz
Zentrum der Stille und des Klangs
www.reginakienetz.de
Aufatmen
Es ist kalt geworden und feuchter Wind schlägt mir ungemütlich ins Gesicht. Ich knöpfe meinen dicken Mantel bis zum Kinn zu und ziehe mir die Mütze tief in die Stirn.
Ich atme auf: Während ich durch dicke Lagen raschelndes Laub laufe, genieße ich die Stille im Wald. Selbst die Vögel schweigen heute.
Lange Zeit war mir nicht bewusst, warum ich im November, wenn viele andere in den Winterblues fallen, wieder zu neuen Kräften komme.
Während ich über viele Jahre am Ende des Sommers in depressive Zustände geriet, stellte ich immer wieder erstaunt fest, wie gut es mir in dieser trüben, kalten Zeit ging.
Wie tanke ich eigentlich auf?
Eines von mehreren Lichtern ging mir auf, als ich über die verschiedenen Regenerationsmechanismen von introvertierten und extrovertierten Menschen hörte:
Introvertierte Menschen brauchen Zeit, um sich zu regenerieren. Introvertiert bedeutet nicht, dass sie schüchtern sind oder keine Geselligkeit mögen. Es bedeutet einfach, dass sie eher beim alleine sein auftanken und den Zweieraustausch mehr genießen, als große Gruppen. Extrovertierte lieben Abwechslung und Abenteuer. Ihre Zeit verbringen sie liebend gerne auch mit großen Menschengruppen, anstatt sich zurückzuziehen.
Viele Menschen neigen offensichtlich zu einem der beiden Extreme.
Natürlich gibt es da auch den ausgeglichenen Typ zwischen diesen beiden Polen. Diese Menschen haben meist Spaß daran, in größeren Gruppen zu sein. Die Ruhezeit, die sie anschließend auch brauchen, ist eher kurz. Sie tanken mit einer Mischung aus Zeit für sich und sozialem Austausch wieder auf.
Mich verstehen
Ich gehöre offensichtlich zu den Introvertierten, denn ich regeneriere in der Stille, wenn ich alleine bin. Zusammensein bei Festen oder ein Konzertbesuch, erschöpft mich einfach.
Diese Stille heute im Wald tut mir unendlich gut. Immer wieder. Ich liebe diese kühle Novemberruhe zwischen den Bäumen. Dick eingepackt höre ich nur das Laub unter meine Füßen rascheln. Mein Kopf wird ruhig, meine Atmung vertieft sich und mein Körper entspannt sich.
Das zu verstehen, hat mir unheimlich geholfen, Mitgefühl und Verständnis für mich selbst zu entwickeln. Erst konnte ich mich verstehen. Dann konnte ich mir meine Auszeiten zugestehen. Das war leider lange nicht der Fall.
(Sich selbst zu verstehen, auf sich zu hören ist sehr eng mit Selbstliebe verknüpft. Lies dazu auch Möchtest du dich selbst mehr lieben?)
Mit Volldampf in die Depression
Der Sommer ist für mich eine Zeit, in der ich viel unterwegs bin. Da bin ich viel in Kontakt mit anderen Menschen. Das war schon immer so. Die gesellschaftliche Verlockung ist riesig. Hier ein Picknick, dort ein Treffen am See.
Outdoorangebote boomen und machen Spaß. Mir auch. Im Sommer erlebe ich einfach unheimlich viel und sammle viele Eindrücke. Früher blieb ich im Sommer immer weiter in Kontakt, anstatt mir rechtzeitig eine Auszeit zu gönnen, und in das alleine sein zu gehen.
Ich mag ja auch gerne mit Menschen sein. Introvertiert heißt eben nicht, dass ich keinen Kontakt mag.
Eine Erschöpfungsdepression im September war Jahr für Jahr meine Quittung. Was Erschöpfungsdepression wirklich bedeutet, habe ich, als ich Ende 2010 meinen „großen“ Zusammenbrach hatte, noch nicht so ganz verstanden
Erschöpfungsdepression, das bedeutet nicht einfach nur viel gemacht zu haben. Es hieß vor allen Dingen, dass ich weder erkannt noch anerkannt hatte, was mir persönlich wirklich zur Regeneration verhilft. Außerdem, dass ich meinem eigenen Rhythmus nicht gefolgt war.
(Hier findest du auch Tipps, wie du deinen Alltag entspannter gestalten kannst!)
Was ist denn mein Rhythmus?
Mit den Aktivitäten ist es wie mit dem Atmen.
Es war mir selbstverständlich, dass ich einatme und dass ich ausatme. Ich muss dazu nichts beitragen. Es atmet mich sowieso. Na ja, mal abgesehen davon, dass wir unter Stress nur noch sehr flach atmen. Aber das ist ein anderes Thema.
Ich brauche einen Rhythmus von aktiv sein und ruhen, um in der Balance zu sein. Jeder braucht das.
Wie viel Aktivität und wie viele Ruhe ein Mensch braucht, ist in der Tat sehr unterschiedlich. Vor allem vor dem Hintergrund, dass es da Menschen gibt, die in Gesellschaft regenerieren. Und, dass es Menschen gibt, die im Rückzug, wenn sie alleine und in Stille sind, ihre Akkus aufladen.
Meine Erlaubnis
Zu verstehen, dass ich viel längere Pausen brauche als viele andere, war so wichtig. Verstehen war die elementare Basis für Zugestehen. Für meine Erlaubnis.
Heute brauche ich nicht mehr den ganzen Herbst, bis ich mich regeneriert habe, um dann im November endlich wieder aufzublühen.
Heute erlaube ich mir auch während der Sommerzeit, wenn die Verlockung groß ist, mit Freunden und Familie unterwegs zu sein, meine Auszeiten für mich selbst zu nehmen.
Dann kann es schon mal sein, dass ich mich bei strahlenden Sonnenschein in meine Höhle verkrieche, um nichts zu sehen und nichts zu hören, was mich im Außen ablenkt.
Wenn ich in diese stille Oase hinein sinke, in diese Zeit und diesen Raum, in der der Alltagslärm nicht eindringt, höre ich den Klang meines Herzens wieder.
Der Klang meines Herzens, der sagt mir ganz oft, was mir jetzt wirklich gut tut. Von dort bekomme ich Impulse für Aktivität, die mich auf Körper-, Geist- und Seelenebene nähren.
Das Geschenk im November
Das ist auch der Grund, warum ich den November so gerne mag und für seine ganz besonderen Vorzüge wertschätze:
Draußen ist es dann oft kalt und ungemütlich.
Der November lädt mich ein, nach innen zu kehren.
So wie ich im November auf der körperlichen Ebene in meine Wohnung oder mein Haus einkehre, weil es draußen nicht besonders einladend ist. So kann der November auch eine besondere Einladung sein, auf der emotionalen und gedanklichen Ebene nach innen zu kehren.
Von den äußeren Ablenkungen zurück in die Mitte zu kommen, um aus dieser inneren Mitte heraus Impulse für Aktivitäten zu bekommen, die wirklich wohltuend sind.
Die Herausforderung im November
Für Menschen, die eher in Gesellschaft auftanken, ist der November sicher mehr eine Herausforderung, als ein Geschenk, zur Ruhe zu kommen.
Ich kann mich noch erinnern, dass wir uns früher oft und auch spontan gegenseitig zuhause besucht haben. Da war dann auch nicht so wichtig, ob die Bude aufgeräumt und geputzt war.
Das kenne ich heute kaum noch. Okay, ich würde jetzt auch große Augen machen, wenn Freunde spontan an der Haustür klingen und auf einen Kaffee vorbeikommen.
Ein gemütlicher Abend in kleiner Runde, statt Social Media mit der großen, weiten Welt: Das wäre doch auch etwas für kalte, graue Novembertage.
Danke November
Für heute kehre ich durchgekühlt von meinem Novemberspaziergang zurück in die warme Stube. Ich kann den heißen Tee schon förmlich fühlen und riechen.
Meine Katze Tara schlüpft mit durch die Haustüre und freut sich auf eine Kuscheleinheit am Ofen mit mir. Ein heißes Getränk in der Hand und eine schnurrende Katze auf dem Schoß.
Oh – ich freue mich auch schon:
Im November in der Stille dem Klang meines Herzens lauschen. Danke für diese offensichtliche Möglichkeit!
Klangvolle Herzensgrüße
von Deiner Regina
Rosina Geltinger
Heilpraktikerin für Psychotherapie,
psychologischer Coach,
Kursleiterin für Entspannungsverfahren
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Über die Autorin: Regina Kienetz
Regina Aruna Kienetz erinnert Menschen an den Klang ihres eigenen Lebens. So wie ihr ureigener Klang ursprünglich gemeint war.
Im Zentrum der Stille und des Klangs lernen Menschen bei ihr, sich selbst und den eigenen Rhythmus wieder zu spüren. Sie lernen wirklich zu entspannen, sich frei und lebendig fühlen zu können.
Entspannung mit Klang ist pure Magie.