
…warum gehts nur mir so?
[Den Artikel habe ich im Mai 2025 überarbeitet]„Ich bin unzufrieden und unglücklich, obwohl ich eigentlich alles habe. Und während ich das ausspreche, habe ich das Gefühl, dass ich mich gar nicht so fühlen dürfte. Das ist Jammern auf hohem Niveau. Ich hab das Gefühl, es geht nur mir so. Alle anderen scheinen das Leben in vollen Zügen zu genießen – nur ich kann das scheinbar nicht.“
So beginnt ganz häufig ein Erstgespräch. Und am Ende dieses Erstgesprächs kommen dann die Fragen: Wie bekomme ich das weg? Rosina, hast du Erfahrung damit: Kriegen wir das wieder hin? Schaffen wir das? Und warum geht’s eigentlich nur mir so schlecht? Was ist falsch mit mir?
Das ist ganz oft der Verlauf eines Erstgesprächs. Und immer wieder taucht die Frage auf: Warum geht’s nur mir so? Alle sind glücklich und zufrieden. Alle, außer mir!
Stopp!
Das stimmt nicht! Es geht sehr vielen Menschen so wie dir. Von den 400 Frauen, mit denen ich in den letzten Jahren gearbeitet habe, hatten die meisten dasselbe Gefühl.
Das ist keine große Überraschung! Wer spricht schon gerne darüber, wenn es ihnen nicht gut geht. Die meisten machen es mit sich aus, oder sie sprechen nur mit einer engen Freundin oder mit ihrer Therapeutin darüber. Keiner hängt es an die große Glocke oder plakatiert die Litfaßsäule mit „Hey, schau mal her: Ich hab zwar alles und bin trotzdem unglücklich“! Ganz im Gegenteil, auf Litfaßsäulen findest du glückliche Menschen, die unglaublich gut aussehen, wahnsinnig erfolgreich sind und die nichts aus der Bahn werfen kann. Das ist dann gleich noch frustrierender und hat mit der Realität wenig zu tun.
Es ist leider normal, dass wir nicht offen über „unangenehme“ Gefühle, über emotionale Durchhänger und darüber, dass man zwar alles hat und trotzdem unglücklich ist, spricht. Weil das normal ist, ziehen wir uns eher zurück, wenn es uns so geht. Vielleicht schämen wir uns sogar dafür, machen uns Vorwürfe und haben das Gefühl, dass irgendwas mit uns falsch ist.

Genau deshalb liegt mir dieser Artikel so am Herzen, denn das muss sich ganz dringend ändern!
Diese Gefühle gehören genauso zum Leben wie Lebensfreude, Zufriedenheit und glücklich sein. Und wir sollten uns genauso offen darüber unterhalten können. Diese „negativen“ Gefühle dürfen genauso da sein, wie alle anderen auch. Und noch eine wichtige Randbemerkung: Auch wenn du im Moment den Grund für dein unglücklich sein nicht kennst: Es gibt immer einen Grund!
Zurück zum Thema: Bist du alleine mit diesen Gefühlen? Nein! Ist es an der Zeit, da was zu ändern? Oh ja, ganz dringend sogar!
Deshalb ist mein großer Wunsch:
Wir sollten alle so schnell wie möglich damit anfangen, mehr über unsere Gefühle zu sprechen. Über alle Gefühle und vor allem über unsere (vermeintlich) negativen Gefühle wie Unzufriedenheit, unglücklich sein, Traurigkeit, Wut, Scham und Schuld.
Denn es ist völlig egal, wie unser Leben von außen aussieht. Das Einzige, worum es wirklich geht ist, wie wir uns damit fühlen!
Warum wir offen über unsere Gefühle reden sollten? Dafür hab ich hier gleich mehrere, wirklich gute, Gründe für dich gesammelt:
1. Reden entlastet!
Wenn wir über das sprechen, was uns bewegt, dann ist es gleich weniger schlimm. Darüber zu sprechen, entlastet uns. Am besten suchst du dir einen Gesprächspartner, von dem du weißt, dass er empathisch, liebevoll und wertschätzend reagieren wird. Ich weiß nicht, ob das Prinzip von „geteiltes Leid ist halbes Leid“ dahintersteckt, aber ich weiß sicher, dass darüber sprechen hilft.
2. Du ermutigst andere!
Wenn wir offen über das sprechen, was uns bewegt, ermutigen wir auch unsere Mitmenschen, offener über das zu sprechen, was sie bewegt. Vielleicht haben sie ähnliche Probleme wie wir oder ganz andere. Vollkommen egal, denn wir beginnen uns darüber auszutauschen. Und in dem Moment beginnt ein Miteinander, Verständnis und Mitgefühl. Und genau das brauchen wir in so turbulenten Zeiten wie im Moment am dringendsten. Dialog, Ehrlichkeit und Verständnis. Ach, und übrigens: Wir erkennen spätestens dann, dass es nicht nur uns so geht!
3. Offenheit schafft Verbindung
Das hört sich jetzt vielleicht paradox an. Denn genau das ist oft der Grund, warum wir nicht erzählen, wie es in uns aussieht: Wir haben Angst als „schwach“ dazustehen und deswegen nicht mehr gemocht zu werden. Ich habe in den letzten Jahren so oft erlebt, dass genau das Gegenteil der Fall ist. Wenn wir offen mit unseren Gefühlen umgehen, dann können unsere Mitmenschen uns viel besser einschätzen, verstehen und mitfühlen. Dadurch entsteht mehr Miteinander, mehr Vertrauen und mehr Bindung.
4. Du schaffst Vertrauen
Diffuse Botschaften verwirren und rufen Misstrauen hervor. Wenn wir unglücklich und unzufrieden sind, aber nicht darüber sprechen, ist das ganz blöd für unser Gegenüber. Wir versuchen, unsere echten Gefühle zu überspielen, aber das klappt nicht. Und das merkt die Anderen. Denn das Überspielen gelingt nur auf einer oberflächlichen Ebene. Unbewusst werden ganz andere Botschaften gesendet. Oberflächlich sage ich: Mir geht’s gut! Und unbewusst schwingt ein „Das stimmt ja gar nicht“ mit. Das Gegenüber bekommt beides mit, eine Botschaft bewusst, die andere unbewusst. Das Ergebnis ist große Verwirrung und ein komisches Gefühl im Bauch.
Wenn du aber über deine Gefühle redest, dann erzeugt das automatisch ein gutes Gefühl und Vertrauen, denn die Botschaften, die bewusst und unbewusst geschickt werden, passen zusammen!
5. Du trägst aktiv zum Weltfrieden bei! (Das ist mein Ernst!)
Das klingt dramatisch, aber davon bin ich überzeugt! Wenn wir damit anfangen, über unsere innersten Gefühle zu reden, zu reflektieren und unsere Verletzlichkeit zu zeigen, dann müssen wir unsere Wut und Enttäuschungen nicht mehr auf andere projizieren. Dann müssen wir keine Schuldzuweisungen mehr machen, um uns dadurch „besser“ zu fühlen. Dann sind wir einfach nur. So, wie wir sind. Und dann sind alle Gefühle einfach da und okay. Wenn da ganz viele Menschen mitmachen, dann können wir auf Gewalt und Kriege verzichten.
Ja, ich weiß, das ist ein großes Ziel! Aber viele kleine Ziele ergeben irgendwann auch ein Großes! Ich bin überzeugt davon, dass das klappen kann. Es müssen nur so viele wie möglich mitziehen. Wie schaut’s aus, sollen wir gleich jetzt damit anfangen? Bist du dabei? Das fände ich richtig, richtig cool.
Wie geht’s dir mit der Vorstellung, offen über deine negativen Emotionen zu sprechen? Kannst du dir das vorstellen? Oder erschreckt dich der Gedanke daran eher?
Ich würde mich total freuen, wenn du mir einen Kommentar hinterlässt, wie du darüber denkst. Wie ist der Gedanke, das in Zukunft mal auszuprobieren? Oder tust du es vielleicht schon längst, dann fände ich es spannend, wenn du deine Erfahrungen im Kommentar mit uns teilst.
So, und dann lass uns jetzt mal zum wichtigen Teil des Artikels kommen:
Was kannst du tun, um deine Situation zu verändern?
Was kannst du also tun, um glücklicher und zufriedener zu werden, obwohl du ja eigentlich gar nicht weißt, wieso du unglücklich bist? Und, obwohl du „alles“ hast.
Der erste und wichtigste Schritt ist:
Schritt 1: Finde die Ursache!
Auch, wenn du das Gefühl hast, du bist „grundlos unglücklich“, ich verspreche dir – es gibt einen Grund, es gibt eine Ursache. Immer! Ich hatte in den letzten 14 Jahren sehr viele Klientinnen, die mit dem Thema „Ich habe alles, und bin trotzdem unglücklich“ zu mir kamen, und wir haben immer die Ursache gefunden.
Allerdings sind die Möglichkeiten der Ursachen fast unbegrenzt. Hier mal eine kleine Auswahl:
- Es können Muster und Glaubenssätze aus der frühen Kindheit sein, die dafür sorgen, dass du ja nicht zu glücklich wirst.
- Es kann sein, dass du nicht das Leben führst, dass du dir wünschst. (Ich hatte zum Beispiel schon recht viele Klientinnen, die ihren Job nur gewählt haben, weil die Eltern wollten, dass sie einen sicheren Job haben. Nicht wenige hatten mittlerweile vergessen, dass sie eigentlich mal einen ganz anderen Berufswunsch hatten.)
- Es kann sein, dass du deine Bedürfnisse ignorierst. Zum Beispiel ein eher extrovertiertes Leben führst, obwohl du eigentlich introvertiert bist.
- Bei Frauen, die ohne Vater aufgewachsen sind, oder bei denen der Vater nur sehr selten anwesend war, kann das auch der Grund für das „unglücklich sein“ sein. Hier habe ich einen ausführlichen Artikel dazu geschrieben: https://rosinageltinger.de/vaterwunde/
- Es kann auch sein, dass du dich zu sehr anpasst und versuchst, die Erwartungen anderer zu erfüllen – und dich selbst dabei vergisst.
Wie kannst du nun rausfinden, welche Ursache es bei dir ist?
Beobachte dich selbst und stelle dir immer wieder folgende Frage, wenn du dich unglücklich oder unzufrieden bist: Was würde mir jetzt besser tun? Was müsste jetzt anders sein, damit ich mich wohler fühle?
Beobachte dich für eine längere Zeit, so ein bis zwei Wochen, und schreibe dir deine Antworten auf. Beantworte sie ehrlich (du musst das ja niemandem zeigen 😉). Du wirst merken, nach einer Weile wiederholen sich die Antworten.
Du wirst erstaunt sein, wie viel dir nur durch die Antwort dieser einfachen Frage schon bewusst wird.
Schritt 2: Hast du Einfluss drauf oder nicht?
Schau dir im nächsten Schritt deine Antworten an und unterteile sie in zwei Spalten. In die Spalte 1 kommen die Bereiche, die du beeinflussen kannst. Und in die zweite Spalte packst du die Punkte, auf die du keinen Einfluss hast.
Schritt 3: Ändern oder Annehmen
Beginne mit der ersten Spalte und beginne Schritt für Schritt die einzelnen Punkte zu ändern. Wenn zum Beispiel „mehr Ruhe“ steht oder „mehr Zeit für mich“, dann beginne damit, mehr Pausen in deinen Alltag einzubauen. Nimm dir nicht zu viel vor, sondern fange mit einem Punkt an, wenn der fest in deinem Alltag integriert ist, kannst du mit dem nächsten Punkt weitermachen.
Gleichzeitig kannst du dir auch Punkt für Punkt die 2. Spalte vornehmen. Das sind Punkte, auf die du (momentan noch) keinen Einfluss hast. Deshalb versuche die Punkte anzunehmen und keine weitere Energie daran zu verschwenden.
Annehmen heißt nicht, dass du es plötzlich gut finden musst, sondern nur, dass du akzeptierst, dass du es im Moment nicht ändern kannst, und nicht dagegen kämpfst, indem du zum Beispiel dauernd daran denkst oder damit haderst.
Fazit
Wenn das Leben im Außen eigentlich gut läuft – und sich im Inneren trotzdem eine Unzufriedenheit breitmacht – dann bedeutet das nicht, dass mit dir etwas nicht stimmt. Es ist vielmehr ein stiller Hinweis deiner Seele, dass etwas in dir gesehen, gehört und ernst genommen werden will.
Anstatt dich dafür zu verurteilen, darfst du neugierig werden: Was fehlt mir wirklich? Was brauche ich gerade? Und was möchte vielleicht endlich gelebt werden? Der erste Schritt zur Veränderung beginnt oft mit dem Mut, hinzuschauen – liebevoll, ehrlich und ohne Druck.
Ich wünsche dich dir ganz viel Freude dabei.
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Wenn du gerade unglücklich bist, obwohl du alles hast und gerne Unterstützung dabei hättest, herauszufinden, was dahinter steckt, dann melde dich gerne bei mir für ein gratis, unverbindliches Erkenntnis-Coaching. Dort besprechen wir deine aktuelle Situation und was für dich gute nächste Schritte wären.
Hallo mein Name ist Lorin komme aus dem Raum Augsburg und habe ihren Artikel vorhin gelesen und vieles in mir gefunden was mir natürlich Angst macht und eine innere Unruhe auslöst weil ich unglücklich bin obwohl ich glücklich bin. Ich weis nicht wie ich damit umgehen soll und meine Mitmenschen erst recht . Ich bin sehr offen damit umgegangen heute das ich nichts dafür kann ich empfinde Neid auf andere besonders auf meinem ex Mann der sein Leben im Griff hat und neu geheiratet hat und ich mit den beiden Kindern alleine bin . Aber dennoch über alles glücklich weil ich meine Kinder habe und sie gesund sind. Ich glaube ab Jesus der mir Kraft gibt aber dann ist da diese leere und Traurigkeit in mir . Es hat mich getröstet das ich nicht die einzige bin damit haben sie mir geholfen und wollte danke sagen. Der Weg rauszukommen weiß ich immer noch nicht aber das ich damit nicht alleine bin ist ein wenig tröstend. Viele liebe Grüße Lorin
Liebe Lorin, vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Ich freue mich, dass mein Artikel dich wenigstens ein bisschen trösten konnte. Wenn du magst, kannst du gerne einen unverbindlichen Termin für ein Erkenntnis-Coaching (ca. 15 Min.) mit mir vereinbaren. Da können wir dann darüber sprechen, was dein unglücklich sein verursacht und was die besten nächsten Schritte für dich sind um da rauszukommen. Über diesen Link kannst du dir einen Termin buchen: https://tidycal.com/rosinageltinger/erkenntnis-coaching. Viele Grüße Rosina